Europäisches Bioethanol aus Getreide und Zuckerrüben – eine ökologische und ökonomische Analyse (1. Teil)

Neue Untersuchungen zeigen, dass Bioethanol aus Getreide und Zuckerrüben weit mehr zur Treibhausgasminderung beiträgt und weit geringere Treibhausgasvermeidungskosten verursacht als in bisherigen Studien angenommen.

Treibhausgasbilanzierungen (THG-Bilanzierungen) sind – analog zum Vorgehen bei der Ökobilanzierung – über den gesamten Lebenszyklus des Produktes durchzuführen. Bei Biokraftstoffen schließt dies u.a. die Berücksichtigung direkter und indirekter Effekte (z.B. Landnutzungseffekte) aus der Nebenprodukterzeugung sowie Effekte in der Nutzungsphase (Motoreffizienz) ein. Da mit der Biokraftstoffproduktion grundsätzlich eine Nutzung von Flächen verbunden ist, die nur in begrenztem Maße zur Verfügung stehen, hat – vor dem Hintergrund der Diskussion um Tank und Teller – die Bewertung einzelner Biokraftstoffpfade entsprechend ihrer absoluten Treibhausgasminderung pro eingesetzter Fläche zu erfolgen (Flächennutzungseffizienz).

Über Flächenbilanzen wird aufgezeigt, dass Bioethanol aus Getreide und Zuckerrüben gegenüber anderen untersuchten Bioenergiepfaden den wesentlichen Vorteil hat, dass pro erforderlicher Flächeneinheit sehr hohe THG-Reduktionen erzielt werden. Diese Treibhausgaseinsparungen werden im Vergleich zu anderen Biokraftstoffen – bei in Summe gleicher genutzter Fläche – ohne Einschränkung der Futtermittelproduktion erreicht. Wird dies berücksichtigt, ergeben sich systemimmanente Vorteile für Bioethanol aus Getreide und Zuckerrüben u.a. auch gegenüber Biokraftstoffen der „2. Generation“, wie z.B. auf Basis von Holz aus Kurzumtriebs-plantagen. Bioethanoleinsatz in Form von „low blends“ (z.B. Mischungen von Ottokraftstoff und Bioethanol im Verhältnis 90:10 = E10) führt zu einer höheren Motoreffizienz. Dadurch wird der geringere Heizwert von Bioethanol gegenüber Ottokraftstoff in erheblichem Maße ausgeglichen.

Des Weiteren wird dargestellt, dass die THG-Vermeidungskosten bei Einsatz von Bioethanol aus EU-Biomasse („1. und 2. Generation“) in Form von E10 im Verkehrssektor deutlich unter bekannten Literaturwerten liegen. Für diese eher konservative Bewertung wurden lediglich Effekte in der Nutzungsphase (Motoreffizienz) eingerechnet. Bei zusätzlicher Berücksichtigung direkter und indirekter Effekte (incl. Landnutzungseffekte) aus der Nebenprodukterzeugung – was methodisch eigentlich richtig wäre – würden sich die berechneten Kosten der THG-Vermeidung durch E10-Einsatz im Verkehrssektor weiter reduzieren. Die THG-Vermeidungskosten bei E10-Einsatz im Verkehrssektor liegen signifikant unter den Vermeidungskosten, die sich aus konstruktiven Maßnahmen am Fahrzeug zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs ergeben.

Durch Änderung der Fütterungsgewohnheiten bei der Milch- und Fleischerzeugung im Rahmen der Rinderzucht (stärke- und protenreiche Futtermittelrationen statt reiner Weidewirtschaft) können die hiermit verbundenen spezifischen THG-Emissionen (d.h. pro Kilogramm erzeugtem Fleisch) gegenüber einer Weidewirtschaft circa halbiert werden. Die bei der Herstellung von Bioethanol aus Getreide und Zuckerrübe erzeugten Futtermittel leisten hierzu einen wertvollen Beitrag. Durch Stallhaltung kann des Weiteren eine gezielte Güllebehandlung in Biogasanlagen erfolgen, die einen additiven Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasemissionen bei der Rindermast liefert.

Verschiedentlich wird mit der Biokraftstoffproduktion ein hoher Wasserverbrauch assoziiert. Im Rahmen einer Lebenszyklusanalyse entpuppt sich dieser „Verbrauch“ jedoch als Nutzung des in Westeuropa natürlich anfallenden Niederschlags innerhalb des natürlichen Wasserkreislaufs.

Die Biokraftstoffnutzung im Verkehrssektor in Form von Bio-ethanol aus europäischer Produktion ist damit eine kostengünstige Möglichkeit zum Erreichen einer hohen Treibhausgasminderung bei gleichzeitiger Produktion hochwertiger Futtermittel.


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