Saccharose als nachwachsender organischer Rohstoff: Neue, selektive Einstiegsreaktionen via Computersimulation ihrer Lösungskonformationen und der Reaktivität ihrer Hydroxylgruppen

Vorliegende Arbeit befaßt sich mit der anwendungsorientierten Entwicklung neuer, hochselektiver und praktikabler ,,Einstiegsreaktionen” zur Derivatisierung der Saccharose unter Zuhilfenahme von computer-unterstütztem Molekularen Modellieren, das nicht nur eine realistische Simulation der Vorzugskonformationen in protischen (Wasser) und aprotischen Lösungsmitteln (DMF, Pyridin) ermöglicht, sondern auch Aussagen über die unterschiedlichen Reaktivitäten der acht Hydroxylgruppen zuläßt. In DMF liegt die Saccharose, bedingt durch H-Brückenbindungen zwischen Glucose und Fructose des Typs 2g-O ··· HO-1f und 2g-O ··· HO-3f, in zwei Vorzugskonformationen vor, deren MOLCAD- generiertes molekulares elektrostatisches Potential (MEP) die 2g-OH-Gruppe als die elektropositivste Region ausweist, d.h. als die acideste und folglich am leichtesten deprotonierbare. Diese Erkenntnis ließ sich in praktikable Folgechemie umsetzen: Deprotonierung der Saccharose in DMF mit einem Mol Base und Abfangen des Monoalkoxids mit Benzylbromid führt hochregioselektiv zur 2g-O-Benzyl-saccharose (> 80 %) – eine neue Einstiegsreaktion, die eine Reihe wichtiger 2g-modifizierter Produkte präparativ befriedigend zugänglich machte: 2-Desoxy-saccharose, Saccharosamin, Saccharose-2,3-epoxid, sowie enantioreine Dihydropyranone, jeweils interessante Zwischenprodukte mit industriellem Anwendungspotential. – Ein Einstieg in Glucosyl-C-4 modifizierte Saccharose-Derivate gelingt via Pivaloylierung zum 4g-OH-freien Heptapivaloat (> 50 %), dessen Oxidation, Oximierung, Reduktion bzw. b -Eliminierung eine ähnliche Palette neuer Produkte mit interessanten Anwendungsprofilen führt. – Eine weitere wichtige, weil hochselektive und bereits in technischem Maßstab realisierte, ,,Einstiegsreaktion” zur Modifizierung der Saccharose ist die enzymatisch bewirkte 2f-O® 6f-O-Glucosyl-Verschiebung zur Isomaltulose – eine Transformation, die sich durch Molecular Modelling als ein ,,closed-shell”-Prozeß verstehen läßt. Isomaltulose ist leichter als Saccharose in industriell relevante Zwischenprodukte mit breitem Anwendungspotential umzuwandeln: Luft-Oxidation liefert die Glucosyl-a -(1® 5)-arabinonsäure, reduktive Aminierung das Isomaltamin, die in jeweils einer weiteren Stufe (Amidierung mit Fettaminen oder N-Acylierung mit Fettsäuren) in Produkte mit interessanten Tensid- und Flüssigkristall-Eigenschaften überführbar sind; saure Dehydratisierung führt überraschend glatt zum Glucosyloxymethyl- furfural (a -GMF), das analog dem HMF zahlreichen Folgereaktionen zugänglich ist, z.B. zu a -GMF-Acrylsäureestern, deren Polymerisation neue, biologisch leicht abbaubare hydrophile Polymere erwarten läßt.

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Sprache: Englisch

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