Transgene Zuckerrüben als Industriepflanzen

Die Entwicklung neuer Rohstoffpflanzen gehört zu den wichtigsten Anwendungszielen der modernen Biotechnik. Während die agroindustrielle Nutzung transgener Ölpflanzen bereits begonnen hat, steckt die Modifizierung des pflanzlichen Kohlenhydratstoffwechsels noch in den Anfängen. Die gentechnische Weiterentwicklung der Zuckerrübe hat bisher trotz des großen Anbauvolumens und des hohen Verwendungspotentials von Zuckern und Zuckerderivaten nur langsame Fortschritte gemacht. Haupthindernisse bildeten bisher ineffiziente und schlecht reproduzierbare Regenerationsverfahren und der große Mangel an bekannten, spezifisch in der Rübenwurzel exprimierten Genen. Stoffwechselmodifikationen, die man theoretisch durch Verpflanzung bereits klonierter kodierender Sequenzen anderer Organismen in die Rübe erreichen kann, sind heute als realisierbar anzusehen. In diese Kategorie gehören die Befreiung der Rübe von bestimmten unerwünschten Inhaltsstoffen wie Raffinose, Invertzucker und Dextran, die Synthese von unmittelbaren Saccharosederivaten wie Ketozuckern oder Fructanen, aber auch die Produktion von Ethanol oder anderen Gärungsprodukten durch gezielte Induktion der zusätzlich erforderlichen Enzyme nach der Erntephase. Entferntere Züchtungsziele bilden die Verbesserung der Zuckerrübenpektine oder die Synthese ligninarmer Cellulose in technisch verwertbarer Menge und Qualität. Sie können erst wirksam angegangen werden, wenn die an der Synthese dieser Makromoleküle beteiligten Enzyme oder Enzymkomplexe vollständig bekannt und ihre Gene isoliert sind. Da Transformation und Regeneration der Rübe inzwischen wesentlich verbessert worden sind und wirksame molekularbiologische Verfahren zur Isolierung entwicklungsregulierter Gene zur Verfügung stehen, stellt die Entwicklung einer ersten Generation transgener Zuckerrüben mit modifiziertem Stoffwechsel heute voraussichtlich keinen größeren Aufwand mehr dar als bei anderen Kulturpflanzen wie etwa dem Raps, wo sie bereits verwirklicht ist.

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Language: German
Authors: Ekkehard Kuhn

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